Interview

Bei der Bürgermeisterwahl am 15. März 2020 unterstützen SPD, Bündnis90/DIE GRÜNEN, Bürger für Eching, Echinger Mitte und ÖDP den amtierenden parteifreien Ersten Bürgermeister Sebastian Thaler. Er wurde 2016 mit 62% der Stimmen für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt. Diese hat er nun freiwillig verkürzt, um Kommunal- und Bürgermeisterwahl in Eching nach fast 30 Jahren wieder zu synchronisieren. Am Donnerstag, 13.02.2020, wird Bürgermeister Thaler seine Ziele für die kommenden sechs Jahre im Rahmen einer öffentlichen Vorstellung im Bürgerhaus präsentieren. Im folgenden Interview gibt er bereits vorab Auskunft über die Akzente, die er in seiner Arbeit für die Gemeinde Eching setzen will.

Erster Bürgermeister Sebastian Thaler (3.v.r.) mit den Vorständen von Echinger Mitte, Bündnis 90 / DIE GRÜNEN; ÖDP, Bürger für Eching und SPD (v.l.n.r.)

Carsten Seiffert (SPD): Im Großraum München schießen die Grundstücks- und Mietpreise durch die Decke. Wie kann die Gemeinde Eching dennoch sozial verträglichen Wohnraum schaffen?

Bürgermeister Thaler: Der rasante Anstieg der Grundstücks- und Mietpreise in unserer Region ist beängstigend. Speziell für junge Menschen, die sich gerne Wohneigentum aufbauen möchten oder eine bezahlbare Wohnung suchen, ist diese Entwicklung frustrierend. Der Bodenrichtwert für den Ortsteil Dietersheim hat sich binnen der letzten vier Jahre von 550 EUR auf 1.650 EUR verdreifacht. Auch wenn eine Gemeinde diesen generellen Trend nicht aufhalten kann, dürfen wir dieses Spielfeld nicht allein den Privatinvestoren überlassen. Ich bin davon überzeugt, dass wir durch die gezielte Entwicklung gemeindeeigener Flächen und die Vergabe von Bauland nach sozialen Kriterien den überhitzten Markt abkühlen können. Daher habe ich mich 2018 sehr für den Erlass unseres „Echinger Wohnbaulandmodells“ stark gemacht. Im Sommer 2019 haben wir nach diesem Modell erstmals 19 Bauparzellen an der Böhmerwaldstraße mit einem Abschlag von 30% auf den Bodenrichtwert an die berechtigten Bewerber vergeben. Zuvor wurde seit mehr als 20 Jahren kein Baugebiet im Hauptort Eching entwickelt, obwohl die Nachfrage mit über 500 Interessenten auf der Warteliste seit Jahren enorm ist. In 2020 sollen die Baugebiete Eching-West und Dietersheim Am Mühlenweg mit insgesamt 59 weiteren gemeindlichen Bauparzellen folgen. Zudem möchte ich nach mehr als 20 Jahren endlich wieder in den gemeindlichen Wohnungsbau investieren. Im Gemeinderat konnte ich durchsetzen, dass an der Böhmerwaldstraße in den kommenden Jahren insgesamt mehr als 150 Eigentums,- Genossenschafts- und Mietwohnungen entstehen sollen. Für die Vergabe der Wohnungen strebe ich einen fairen Kriterienkatalog an analog der Baulandvergabe.

Herbert Hahner (SPD): Die freiwilligen Leistungen der Gemeinde werden regelmäßig von Teilen des Gemeinderats als zu umfangreich kritisiert. Warum ist Ihnen die Förderung der Vereine, der Kultur und der sozialen Einrichtungen so wichtig?

Bürgermeister Thaler: Ich musste mir seit meinem Amtsantritt oft anhören, dass die Gemeinde zu viel Geld für freiwillige Leistungen ausgibt und dass ich zu freizügig gegenüber Vereinen sei. Ja, es ist richtig, dass eine Gemeinde gewisse Pflichtaufgaben zu erfüllen hat und alles darüber hinaus eine Art „Kür“ darstellt. Zu den Pflichtaufgaben zählen beispielsweise die Kinderbetreuung, der Schulhausbau, der Bau und Unterhalt von Gemeindestraßen, der Brandschutz, die Abwasserbeseitigung sowie der Räum- und Streudienst. Während Einrichtungen wie eine Musikschule, ein Kulturzentrum bzw. Bürgerhaus oder ein Alten-Service-Zentrum die Kür sind, also freiwillige Leistungen darstellen. Einer Kommune ist es keinesfalls verboten, diese Angebote zu unterhalten, vielmehr darf eine Kommune über das „ob“ und „wie“ hier frei entscheiden. Viele Gemeinden haben schlichtweg keine finanziellen Mittel für dieses gewisse Extra, während Eching sich glücklich schätzen kann, diese Zusatzangebote seinen Bürgerinnen und Bürgern bieten zu können. Ich bekenne mich klar zu unserer „Kür“, auch wenn dies von anderer Seite im Gemeinderat ständig kritisiert wird.

Wenn ich Sie jetzt frage, wieso Sie gerne in Eching leben, werden Sie mir vermutlich nicht antworten: „Weil die Straßen so sauber und die Mülleimer immer schön geleert sind und der Rasen schön kurz gemäht ist.“ Die meisten werden antworten: „Weil wir ein so reichhaltiges soziales wie kulturelles Angebot am Ort haben. Weil die Vereine ein vielfältiges Angebot bieten dank der Unterstützung durch die Gemeinde. Weil unsere Kinder vor Ort viele Freizeiteinrichtungen, den Echinger Badesee, eine erstklassige Musikschule und fast alle Schularten vorfinden. Deshalb lebe ich gerne in Eching.

Axel Reiß (GRÜNE): Eching ist seit vielen Jahren geplagt von einem hohen Verkehrsaufkommen. Gerade auch im Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz sollten die Verkehrsbelastung und insbesondere der Anteil des motorisierten Individualverkehrs reduziert werden. Wie sehen konkrete Maßnahmen für eine Verkehrswende in Eching aus?

Bürgermeister Thaler: Verkehrslösungen sind mein großes Steckenpferd, schließlich habe ich mich vor meiner Zeit als Bürgermeister viele Jahre beruflich mit der Steuerung und Automatisierung des Verkehrs beschäftigt. Lösungen wie das Verkehrsleitsystem an der A9, die Verkehrsleitzentrale in Berlin oder die City-Maut in London stammen von meinem früheren Arbeitgeber. Zudem beschäftigte ich mich mit intermodalen Lösungen, also der Vernetzung verschiedener Verkehrsmittel, Mautsystemen sowie Zugautomatisierung und zuletzt auch mit dem Pilotprojekt autonomer Fahrzeuge auf der A9. Im Großen sind dies alles Themen, die für eine Verkehrswende nötig sind. Für Eching im Speziellen möchte ich etwas konkreter werden. Die Ineffizienz des Individualverkehrs wird durch folgende Zahl sehr eindrucksvoll belegt: 95% der Zeit werden unsere PKWs nicht bewegt – Kritiker sprechen deshalb auch gerne von Stehzeugen anstatt von Fahrzeugen. Mit dieser Aussage will ich die Wichtigkeit des Autos als Fortbewegungsmittel, speziell im ländlichen Raum, gar nicht herunterspielen. Im Informationszeitalter gibt es jedoch geeignete Mittel wie Online-Mitfahrzentralen, die eine gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen ermöglichen. Würden in den Autos auf der A9 im morgendlichen Berufsverkehr anstatt 1-2 Personen plötzlich 3-4 Personen sitzen, würde der Stau der Vergangenheit angehören. Der Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel gelingt nur, wenn das Angebot entsprechend flächendeckend ausgebaut ist und die Fahrtzeiten akzeptabel oder gar besser sind als mit dem PKW. Auf Neufahrner und Echinger Initiative wurde 2019 eine neue Machbarkeitsstudie für die Verlängerung der U6 zur S1 durch den Landkreis beauftragt. Zudem haben wir im Gemeinderat auf Antrag der SPD beschlossen, den Antrag an den Landkreis zu stellen, die Buslinie 690 künftig im 20-Minuten-Takt im Ringverkehr in beide Richtungen verkehren zu lassen. Dies würde schon heute die Lücke zwischen S- und U-Bahn schließen. Trotz aller Alternativen betrachte ich auch die Verbesserung der Autoverkehrsinfrastruktur: 2022 wird die Hauptkreuzung zwischen der Unteren Hauptstraße und der Paul-Käsmaier-Straße umgebaut und deutlich verbessert, indem zwei durchgängige Abbiegespuren von Norden kommend in Richtung A9 installiert werden sollen. Ein Gutachten bestätigt dieser Maßnahme eine Verbesserung des Verkehrsflusses von F „überlastet“ auf A „frei“.

Leon Eckert (GRÜNE): Wie sehen die nächsten Schritte in Richtung fahrradfreundliche Kommune aus?

Als leidenschaftlichem Radfahrer liegt mir der Ausbau des Radverkehrsnetzes sehr am Herzen. Oberste Priorität muss dabei die Verkehrssicherheit der Radfahrer haben. Jeder Radler befand sich schon einmal in einer gefährlichen Situation oder hatte gar einen Unfall. Einige Verunfallte scheuen seither den Umstieg aufs Rad. Wir müssen daher bei allen Bauvorhaben die Sicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmer, also der Radfahrer und Fußgänger im Blick behalten. Ein klares Bekenntnis zum Radverkehr in unserer Gemeinde haben wir Ende 2018 durch den Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) abgegeben. In Eching legt man die meisten Strecken deutlich schneller mit dem Rad zurück als per Auto – natürlich immer vorausgesetzt man ist gesund und fit. Umso erschreckender finde ich das Ergebnis unserer Verkehrsbefragung, wonach die meisten von uns selbst für Strecken von unter einem Kilometer das Auto bemühen. Ich bin fest davon überzeugt, wenn wir das Radverkehrsnetz ausbauen und für sichere Radwegeverbindungen sorgen, steigen mehr Menschen gerne aufs Zweirad um. Ein großer Wurf ist uns 2019 mit dem Bau des lang ersehnten Radwegs nach Garching gelungen. Im Frühjahr werden die Radwege rund um den Hollerner See und zum Geflügelhof ausgebaut. Im Rahmen des Bürgerhaushalts sollen innerorts Fahrradschutzstreifen markiert werden – wir prüfen hier gerade die Machbarkeit. Wie stark sich jeder einzelne von uns an der Verkehrswende beteiligt ist jedem selbst überlassen. Meine Frau und ich haben kürzlich unser zweites Auto verkauft und ich fahre seither alle täglichen Strecken in Eching und Umgebung mit dem Rad – mein guter Vorsatz für 2020.

Michaela Holzer (Bürger für Eching): Wie stellen Sie sich die Weiterentwicklung des 3. Bauabschnittes am Hollerner See vor? Übertragen wir diesen ebenfalls an den Erholungsflächenverein? Haben wir noch Gestaltungsmöglichkeiten, wenn der 3. Bauabschnitt dem Erholungsflächenverein gehört?

Bürgermeister Thaler: Zunächst bin ich froh, dass es uns gemeinsam gelungen ist, die gigantischen kommerziellen Pläne einer Therme mit Hotelbetrieb, eines riesigen Caravan-Stellplatzes für 400 Wohnmobile sowie einer Straße direkt am Seeufer zu verhindern. Der Hollerner See ist ein idyllisches Naherholungsgebiet vor unserer Haustüre, das wir uns weitestgehend naturnah erhalten sollten. Einige Einrichtungen für den Badebetrieb halte ich dennoch für sinnvoll: im Bereich des heutigen Kiosk soll ein Restaurant mit Seeterrasse entstehen. Im Bereich des neu angelegten 2. Bauabschnitts werden noch ein Kiosk mit Toiletten sowie Boule- und Stockahnen als auch ein Theatron am Ostufer des Sees errichtet. Der 3. Bauabschnitt, also das Westufer des Sees mit Steilufern, soll in seiner Natürlichkeit erhalten bleiben. Eines ist mir an der Stelle wichtig klarzustellen: Durch einen Investor wird gerade die Machbarkeit einer Surfanlage geprüft. Diese Anlage würde nicht im und auch nicht direkt am Hollerner See entstehen, sondern entlang der Staatsstraße. Dieses Projekt befindet sich in einem frühen Planungsstadium. Sobald sich eine Konkretisierung und eine mögliche Machbarkeit abzeichnen sollte, möchte ich die Bürgerinnen und Bürger informieren und mit einbinden. Denn der Hollerner See ist unser gemeinsames Naherholungsgebiet und soll nach den Wünschen der Bevölkerung entwickelt werden. In diesem Sinne werden wir die Eröffnung des 2. Bauabschnitts am 19. Juni 2020 mit einem großen Bürgerfest feiern.

Sylvia Jung (Bürger für Eching): Was wollen Sie unternehmen, um ein Durchfahrtsverbot für LKWs auch tagsüber und eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h auf der Hauptstraße in Eching zu erreichen?

Bürgermeister Thaler: In 2018 haben wir alle erforderlichen Verkehrszählungen und Lärmmessungen durchgeführt und entsprechende Gutachten erstellen lassen, um die Notwendigkeit eines LKW-Durchfahrtsverbots für die Untere und Obere Hauptstraße sowie für die Paul-Käsmaier-Straße zu belegen. Trotz massiven Drucks seitens unseres Bauamts, warten wir seit nunmehr einem Jahr auf eine Entscheidung des Landratsamts und der Regierung. Erreichen konnten wir die Anordnung von Tempo 30 auf einem Teilstück der Unteren Hauptstraße entlang der Kindertagesstätte und der Musikschule. Aus meiner Sicht ist dies jedoch keine wirksame Maßnahme zur Verkehrsberuhigung, da diese Begrenzung missachtet wird oder höchstens zu abruptem Abbremsen und Beschleunigen führt. Um den Druck weiter zu erhöhen und die Dringlichkeit eines ganztätigen LKW-Durchfahrtsverbots zu betonen, haben wir im Herbst Messstationen für Feinstaub, Ozon und Stickoxid installiert. In einer Langzeitstudie soll eine Korrelation zwischen Verkehrs- und Umweltbelastung bewiesen werden.

Manfred Wutz (Bürger für Eching): Wie sehen Sie die Bevölkerungs- und Flächenentwicklung von Eching und den Ortsteilen in den nächsten 20 Jahren? Und wie wird das Gemeindeentwicklungsprogramm weitergeführt?

Bürgermeister Thaler: Die Fortschreibung unseres Gemeindeentwicklungsprogramms ist mir ein großes Anliegen. Aus diesem Grund hatte ich im Herbst 2019 erstmals in Eching alle Gemeinderäte zu einer gemeinsamen Klausurtagung nach Landshut eingeladen. Seit meinem Amtsbeginn war es mir wichtig, die teilweise seit mehr als zehn Jahren diskutierten Entwicklungen in Eching endlich anzupacken und zur Umsetzung zu bringen. Wir merken aber immer wieder im Rat, dass uns ein grundlegendes Entwicklungskonzept fehlt, auf das sich alle Fraktionen verständigt haben. Dieses Gemeindeentwicklungsprogramm aus den 70er Jahren wurde zuletzt 2003 fortgeschrieben und 2009 um einige Punkte ergänzt. Selbstredend, dass es für eine erneute Fortschreibung höchste Zeit ist.

Wir brauchen eine langfristig tragfähige Strategie, wie stark das Bevölkerungswachstum unserer Gemeinde sein soll und in welchen Gebieten und welcher Baudichte wir den dafür nötigen Siedlungsraum entwickeln möchten. Die Ertüchtigung der verkehrlichen Infrastruktur muss genauso betrachtet werden wie die nötigen Versorgungs-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen sowie das soziale und kulturelle Angebot. Ich will darin auch vereinbart haben, welches Ausmaß und welchen Branchenmix gewerblicher Ansiedlungen und welches Arbeitsplatzangebot wir in Eching anstreben, um die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde sicherzustellen. Dem Natur- und Klimaschutz möchte ich einen noch stärkeren Stellenwert beimessen und erstmals auch ein Energiekonzept für die Gemeinde darin verankern.

Bertram Böhm (Echinger Mitte): Welche Vorstellungen haben Sie, um die Bürgerinnen und Bürger mehr in die Ortsentwicklung und das gemeindliche Miteinander einzubinden?

Bürgermeister Thaler: Seit dem ersten Tag ist mir die Information und Einbindung der Bürgerinnen und Bürger das wichtigste Anliegen. Denn erstens wurde ich gewählt um die Wünsche der Echinger umzusetzen und zweitens können wir gemeinsam deutlich mehr erreichen. Ein großer Schritt in Richtung einer stärkeren Bürgerbeteiligung war die Einführung des Bürgerhaushalts in 2018. Als partizipativer Haushalt ermöglicht er eine direkte kommunale Bürgerbeteiligung und soll das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Haushaltsgestaltung der Gemeinde wecken. Dieser Beteiligungshaushalt ermöglicht eine aktive Mitwirkung und trägt dazu bei, dass einzelne Projekte, die den Echingern besonders am Herzen liegen, zeitnah realisiert werden. Hierfür stehen seit 2018 jährlich 50.000 EUR zur Verfügung. Der Bürgerhaushalt soll einerseits die Haushaltstransparenz der Gemeinde verstärken und andererseits Anreiz für ein verstärktes bürgerschaftliches Engagement sein.

In der neuen Wahlperiode des Gemeinderats möchte ich zudem ein Referentenkonzept einführen. Für verschiedene Themenbereiche wie Verkehr, Kultur, Soziales, Senioren, Kinderbetreuung, Jugend, Sport, Energie, Umwelt- und Klimaschutz soll es jeweils eine verantwortliche Person aus dem Gemeinderat geben. Gemeinsam mit dem jeweiligen Referenten möchte ich dann einen Beirat mit Mitgliedern aus der Bürgerschaft einberufen, der sich mit den jeweiligen aktuellen örtlichen Entwicklungen beschäftigt und Initiativen in den Gemeinderat einbringen kann. Dieser Austausch zwischen engagierten Bürgern und der Rathauspolitik soll unser Ortsleben und die Gemeinschaft befruchten.

Bertram Böhm (Echinger Mitte): Die Echinger Mitte hat 2019 einen Antrag zur Förderung alternativer Energien in den Gemeinderat eingebracht. Im Sinne des Klimaschutzes sollte es ein langfristiges Ziel der Gemeinde sein, energieautark zu werden. Welche Strategie haben Sie hierfür?

Bürgermeister Thaler: Während meines Studiums an der TU München und in den ersten Jahren meiner beruflichen Tätigkeit als Unternehmensberater habe ich mich eingehend mit Energiethemen beschäftigt. Die ermutigende Botschaft ist, dass wir eine vollständige Versorgung mit erneuerbaren Energien technisch bereits heute bewerkstelligen könnten. Die traurige Realität ist aber, dass wir in Deutschland aktuell nur rund 40% der Energie regenerativ erzeugen. So wurden 2019 aufgrund der 10H-Regelung in Bayern nur zwei neue Windräder in Betrieb genommen. Eine Regierung, die sich Energiewende und Klimaschutz auf die Fahne schreibt, sollte auch die nötigen freundlichen Rahmenbedingungen schaffen – das Gegenteil ist der Fall. Gemeinsam mit Neufahrn betreiben wir ein Heizkraftwerk, in dem Altholz verwertet wird und speisen damit unser kommunales Fernwärmenetz für das Gewerbegebiet und seit 2017 auch für Teile des Echinger Ortskerns. Die Vorkehrungen sind getroffen, um das Neubaugebiet an der Böhmerwaldstraße komplett mit Fernwärme zu versorgen. Gemeinsam mit der Bürgerenergiegenossenschaft Freising haben wir in den letzten Jahren auf den Dächern beider Grundschulen und des Bauhofs Photovoltaik-Anlagen mit finanzieller Bürgerbeteiligung realisiert. Für Privathaushalte haben wir ein Solarpotentialkataster erstellen lassen, mit dessen Hilfe man die Eignung des eigenen Daches prüfen kann: www.solare-stadt.de/kreis-freising.

Markus Hiereth (ÖDP): Die ÖDP möchte, dass unsere Gemeinde mittelfristig klimaneutral wird. Welche Maßnahmen zur Erreichung einer ausgeglichenen CO2-Bilanz im Gemeindegebiet würden Sie unterstützen?

Bürgermeister Thaler: Auch die Gemeinden müssen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Im Bereich der gemeindlichen und privaten Gebäude sollten Energieeinsparungen und die Nutzung regenerativer Energiequellen gefordert und gefördert werden. Künftige gemeindliche Bauvorhaben und andere Investitionen möchte ich gerne einer Klimavorbehaltsprüfung unterziehen. D.h. alle Entscheidungen werden auf Ihre Klimaverträglichkeit geprüft. Die beste Energie ist die, die wir nicht verbrauchen. Energiesparen ist für mich der wichtigste Hebel in Richtung einer vollständigen Versorgung mit regenerativen Energien. Mehr als die Hälfte des deutschen Energieverbrauchs entfallen auf den Verkehr und die Raumheizung. Stellen wir uns doch morgens die Frage: kann ich meine Besorgungen heute auch mit dem Rad erledigen? Pendle ich nicht entspannter mit der U- oder S-Bahn in die Stadt? Fühle ich mich zuhause auch bei einer um ein oder zwei Grad niedrigeren Raumtemperatur wohl?

Susanne Rauschmayr (ÖDP): Durch die Arbeitsmarktzulage für das Erziehungspersonal konnte kürzlich die angespannte Personalsituation in Kindertagesstätten entlastet werden. Welche Maßnahmen planen Sie, um dem steigenden Bedarf an Betreuungsplätzen in Kitas, der Kindertagespflege und Horten gerecht zu werden?

Bürgermeister Thaler: Hier waren wir im letzten Jahr sehr aktiv. Der ständig steigende Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen und die immer angespannter werdende Situation auf dem Arbeitsmarkt stellen uns vor große Herausforderungen. In unseren Einrichtungen werden rund 900 Kinder von über 100 Erzieherinnen und Erziehern, Kinderpflegerinnen und -pflegern und Tagesmüttern betreut. Durch die 2019 eingeführte monatliche Arbeitsmarktzulage in Höhe von 200 EUR ist es uns gelungen fast alle offenen Stellen (aktuell 2) zu besetzen und somit den Betreuungsschlüssel in den KiTas deutlich zu verbessern. Zudem bieten wir unseren Nachwuchskräften die Möglichkeit eines praxisorientierten dualen Studiums im Rahmen des „OptiPrax“-Modells der Fachakademie für Sozialpädagogik an, um eigene Erziehungsfachkräfte auszubilden. Das seit Jahren sehr erfolgreich in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule bewerkstelligte Modell der Ganztagsschule wurde 2019 von der Regierung infrage gestellt. Glücklicherweise ist es uns nach zähen Verhandlungen gelungen, weiterhin die Erlaubnis und eine Förderung zu erhalten. Rund 80% der Kosten für das Ganztagsangebot werden allerdings ohnehin von der Gemeinde getragen.

Markus Hiereth (ÖDP): Die Metropolregion München wächst seit Jahren rasant. Immer mehr Menschen ziehen in den Ballungsraum und somit auch zu uns nach Eching. Wie stehen Sie zu dieser Urbanisierung und was wünschen Sie sich von Landes- und Bundespolitikern?

Bürgermeister Thaler: Auch wenn wir als Gemeinde die makroökonomischen und soziologischen Rahmenbedingungen nicht beeinflussen können, müssen wir mit ihnen umgehen und versuchen sie zum Positiven zu nutzen. Ich selbst stamme aus einer wirtschaftlich historisch eher schwachen Region, der Oberpfalz. Egal ob wir Vergleiche innerhalb Bayerns oder innerhalb Deutschlands anstellen, es wird immer ökonomische Unterschiede zwischen den Regionen geben.

Die überörtliche Politik hat daher zunehmend gute Möglichkeiten, für eine Angleichung der Lebensbedingungen über die Regionen hinweg und zwischen Ballungsraum und ländlichen Gebieten zu sorgen. Es gibt verschiedene Beweggründe, wonach Menschen ihren Wohnort wählen. Die häufigsten dürften private soziale Interessen, die berufliche Perspektive oder Ausbildungsmöglichkeiten vor Ort sein. Während erstgenannte meist sehr individuell sind, können die anderen beiden durch die Ansiedlung von Industrie und die Schaffung einer entsprechenden Infrastruktur sowie durch ein entsprechendes (Aus-)Bildungsangebot positiv beeinflusst werden. Letzteres hat man in den 70er Jahren durch die Schaffung der Fachhochschulen sehr erfolgreich praktiziert. Ein deutschlandweit flächendeckendes Netz an FH-Standorten ermöglicht es vielen jungen Menschen, ihrer Heimat treu zu bleiben und dennoch ein praxisorientiertes Studium zu absolvieren. Diese Fachkräfte stehen dann meist dem lokalen Arbeitsmarkt zur Verfügung und schaffen wiederrum einen Mehrwert für ihre Region. Den nächsten großen Wurf können wir in Deutschland durch den flächendeckenden Ausbau des 5G-Breitbandnetzes bewerkstelligen. Neben einer guten Verkehrsinfrastruktur benötigen moderne Firmen im 21. Jahrhundert vor allem schnelle Datenverbindungen. Hier spannt sich auch der Bogen nach Eching: da es meist die erste Frage potentieller Gewerbeinteressenten ist, wie gut die Glasfasererschließung ist, werden wir diese im kommenden Jahr gemeinsam mit dem Netzbetreiber in Eching-Ost flächendeckend ausbauen.

Frage aller Gruppierungen: Was ist das wichtigste Vorhaben in Eching, das Sie nach Ihrer angestrebten Wiederwahl in der nächsten Amtsperiode angehen werden?

Bürgermeister Thaler: Der gemeindliche Wohnungsbau an der Böhmerwald- und Anne-Frank-Straße haben oberste Priorität. Es wird Zeit, dass wir als Gemeinde nach mehr als zwei Jahrzehnten endlich wieder bezahlbaren Wohnraum schaffen. Da Gemeinden als Bauherren derzeit 30% Förderung auf Bau- und Grunderwerbskosten durch den Freistaat erhalten, ist mir dieses Vorhaben nicht nur unter sozialen Gesichtspunkten ein wichtiges Anliegen, sondern auch aufgrund der nachhaltigen wirtschaftlichen Rentabilität. Wenn die Gemeinde die Grundstücke dann noch im Erbbaurecht vergibt und nicht verkauft, schaffen wir eine solide Basis für langfristig bezahlbaren Wohnraum einerseits und ebenso langfristig stabile Einnahmen für die Gemeindekasse andererseits – Eine „Win-Win-Situation“ sozusagen.